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von Bodo Hömberg

Einmal im Jahr zeigt sich unser schönes Rhynern in einem besonderen Glanz, nämlich dann, wenn der Fronleichnamstag naht. Die Häuser sind  wieder bunt mit Wimpeln und Fahnen geschmückt. Allen voran steht hier sicherlich die Alte Salzstraße. Ist morgens die Fronleichnamsprozession vorbei, befindet sich alljährlich unser Ort fest in den Händen der Blaukittelschützen. Spätestens wenn man am Donnerstagnachmittag die dicke Pauke des Spielmannszuges hört, welcher die Avantgarde des Vereins beim Laubverteilen begleitet, werden die eingefleischten Schützenbrüder unruhig, denn abends steht ja bekanntlich zum Auftakt des Schützenfestes das Adleraufsetzen ins Haus. Man kann im Festzelt beim traditionellen Rinderwurstessen ein erstes kühles Schützenfestbier genießen und den flotten Klängen des Jugendfanfarenzuges Rhynerberg lauschen, der nun schon seit über dreißig Jahren den musikalischen Rahmen bei diesem Festbeginn setzt.

Freitags ist es dann endlich soweit. Man sieht Männer oder auch Kinder im blauen Kittel mit Schützenhut, die zu einem der Antretplätze gehen, und spätestens jetzt wird auch dem Besucher unmissverständlich klar: In Rhynern ist wieder Schützenfest.

Es lohnt sich, an einem der drei Festtage den Schützenzug zu sehen. Denn traditionsgemäß formieren sich Rhynerns Schützen alljährlich zu einem stattlichen Festzug durch den Ort: Voran die Adjutanten zu Pferde, dann eine schneidige Avantgarde in schwarzen Jacken und weißen Hosen, grün-weißen Schärpen und Holzgewehren, die Altgardisten im Blaukittel mit weißen Hosen, Spielmannszug und Blaskapelle, der Vorstand in grünen Uniformen mit der neuen Vereinsfahne aus dem Jahr 1997, das Königspaar mit Hofstaat, die Sportschützen in grünen Schützenröcken, die große Zahl der Blaukittler und sonntags in ihren Reihen der Fanfarenzug Rhynerberg mit seinen roten Uniformen.

Ein Festzug mit weit über 300 aktiven Schützen ist sicherlich eine eindrucksvolle Dokumentation einer Schützentradition, die nunmehr seit über 160 Jahren in Rhynern gepflegt wird, und auf die Rhynerns Schützenverein mit Recht stolz sein kann. Mit seinen über 900 Mitgliedern ist er einer der mitgliederstärksten im ganzen Hammer Stadtgebiet. Die Feste im Zelt an der Blaukittelallee sind seit Jahren immer gut besucht. Jung und Alt, Paol- und Neubürger, Einheimische und Zugereiste treffen sich an der "Vogelstange" in froher Runde zum gemütlichen, harmonischen Fest bei Musik und Tanz. Manch ehemaliger Bürger reist eigens dazu an, um alte Freunde und Bekannte wiederzusehen und Erinnerungen aufzufrischen.

 Solche fröhlichen Volksfeste zu feiern war schon u. a. das Anliegen unserer Vereinsgründer im vorigen Jahrhundert. Heißt es doch in der ersten handschriftlichen Satzung: Der Verein stellt sich die Aufgabe, "durch das jährliche, in ländlicher Einfachheit zu feiernde Schützenfest nicht allein ein allgemeines fröhliches Volksfest herbeizuführen, sondern auch den Frohsinn und die Munterkeit zu beleben und zur Übung im Schießen Gelegenheit zu geben."

Am 20. Juni 1837 gründeten Einwohner von Rhynern und Umgebung einen Schützenverein "der Kirchspiele Rhynern und Berge". In der im Original noch vorliegenden, handgeschriebenen Urkunde wurde damit erstmalig das Schützenwesen durch schriftliche Statuten organisiert und in 16 Paragrafen das festgelegt, was vermutlich, wie auch in anderen Orten, schon lange Zeit vorher gepflegt worden war, nämlich heimisches Schützenbrauchtum.

Leider fehlen uns aus der Zeit vor 1837 aber jegliche Unterlagen, doch bestätigt eben diese erste Satzung althergebrachte Traditionen, die uns heute noch wichtig sein sollten.

Wie der Name schon sagt, umfasste der Verein neben dem Dorf Rhynern auch die umliegenden Ortschaften Berge, Westtünnen, Osttünnen, Freiske, Allen, und zudem auch "Auswärtige", die lt. Satzung 18 Jahre alt sein mussten, sich "eines unbescholtenen Rufes erfreuten und sich nicht durch einen unsittlichen Lebenswandel der Aufnahme unwürdig gemacht hatten". 
 
Alle Vereinsmitglieder, die am Vogelschießen teilnehmen wollten, traten am Festtag morgens um 5 Uhr am Kirchhof in Rhynern an, wo vom Hauptmann und den Offizieren die (eigenen) Gewehre "revidiert" wurden, marschierten dann "im Zuge zur Abholung des Bürgermeisters, welcher für Sr. Majestät den König den ersten Schuss thun wird, nach dessen Wohnung, und dieser wird sich dann der Schützengesellschaft weiter anschließen".

"Wer das letzte Stück des Vogels abschießt, ist Schützenkönig und empfängt aus den Händen des Hauptmanns eine ihn an die Feyer des Festes erinnernde silberne Medaille."

1850 wurde diese Satzung überarbeitet und auf 29 Paragrafen erweitert. Sie machten zusätzliche Angaben über Zweck und Bedeutung des Vereins, Wahl des Vorstandes, dessen Befugnisse und Pflichten, das Rechnungswesen und den Verlauf der Feste.

Anlass zum Schmunzeln geben die Bestimmungen für einen Ausschluss aus dem Verein: Neben kriminellen Delikten (Diebstahl, Betrug usw.),  Ungehorsam gegen den Hauptmann, grober Unvorsichtigkeit in der Behandlung eines Gewehres, tätlicher und grober Beleidigung von Festgenossen und Nichtzahlung des Vereinsbeitrages trotz wiederholter Aufforderung, waren die Teilnahme am Fest im Bewusstsein, mit einer ansteckenden Krankheit behaftet zu sein, das Verleihen der Vereinsmedaille, das "Verbringen" (Mitnehmen) des Freibieres oder anderer  Gegenstände des Vereins vom Schützenplatz und allgemein Anstoß erregendes Betragen Gründe für einen Vereinsausschluss. Bei Abwesenheit vom Schützenfest musste man sich eigens vorher beim Vorsitzenden, dem Hauptmann, abmelden. Waren die Gründe nicht stichhaltig genug, kostete das Fernbleiben einen Jahresbeitrag Strafe.

1850 wird erstmals auch der blaue Kittel als die Uniform der Schützen festgelegt, wozu damals noch eine eichenlaubbekränzte Mütze gehörte,  die später durch eine Seidenmütze und heutzutage durch den grünen Schützenhut abgelöst worden ist. Auch in dem Buch "Duorplui" unseres rhynerschen Schriftstellers Josef Westermeier ist nachzulesen, "datt de Schützenbroiers am Saotragmuorrn in frisk gewaskene blaoe Keils miet Flinten op’m Puckel stramm und stiuer anchetriaen wöhrn, beinohe säu äs de Saldoten". Der blaue Kittel war damals der Arbeitsrock der hiesigen Landbevölkerung, den praktisch jeder besaß. Er musste aber unbedingt zum Fest frisch gewaschen sein.

Das ging ein Jahrhundert so weiter. Nach dem 2. Weltkrieg aber waren plötzlich Bestrebungen zu erkennen, diesen, in manchen Augen "gewöhnlichen" Kittel abzuschaffen. In dieser Zeit war eine grüne Bekleidung bei den Männern sehr beliebt, vor allem bei Landwirten und Jägern. So trug jeder lieber seine "eigene grüne Uniform". Die Folge war, dass immer weniger Blaukittel am Festzug teilnahmen und auch insgesamt weniger Schützen marschierten, vermutlich mangels geeigneter Kleidung. Zu dieser Zeit wurde als sozusagen "letzte Rettung" der Tierarzt Dr. Horst Hülsbruch zum Blaukittelkommandeur gewählt, um Kraft seines Namens und seiner Persönlichkeit Einfluss auf diesen negativtrend zu nehmen und den Kittel wieder salonfähig zu machen. Das gelang tatsächlich schrittweise und oft mit List und Tücke. Schützen ohne Kittel mussten z.B. einfach am Ende des Zuges laufen. Aber erst 1960 kam der endgültige Durchbruch dadurch, dass blaue Kittel auch am Sonntag wieder getragen wurden.

Heute ist er aus dem rhynerschen Schützenverein nicht mehr wegzudenken und ein Bindeglied zwischen allen Schützen. Verschwinden unter ihm doch alle Unterschiede des Alters, des Standes, des Berufes und der Weltanschauung. Zudem ist er pflegeleicht und für ein dreitägiges Fest schnell wieder herzurichten.

Die blaue Samtseite der neuen Vereinsfahne aus dem Jahre 1997 ist als eine Referenz an die Blaukittler unseres Vereins gedacht und soll der Tradition von 1837 Rechnung tragen.

Die Geschichte des Schützenvereins gestaltete sich, wie nicht anders zu erwarten, sehr wechselhaft. Aus alten Akten, den handschriftlich
geführten, alten Vereinsbüchern und den beiden Jubiläumsfestschriften aus den Jahren 1937 und 1987 ist vielerlei herauszulesen. So spiegeln sich die damaligen politischen Zeitverhältnisse ebenso wider wie die Kriegsjahre 1864, 1866, 1871, die Weltkriege 1914-18 und 1939-45 und die Nachkriegszeit bis 1949, und zwar dadurch, dass keine Feste gefeiert wurden.

Man erfährt, dass zur Feier des 50-jährigen Bestehens im Jahre 1887 vom heimischen Kunstmaler Eberhard Wiehagen eine neue Vereinsfahne gemalt worden ist. Die eine Seite zeigt z. B. das Bild des Kaisers Wilhelm I. Den Preußenadler auf der anderen Seite haben wir aus Tradition für unsere neue Fahne gern übernommen.

Im Jahre 1888 ( auch bekannt unter dem Namen "Dreikaiserjahr" ) durfte das Schützenfest nur ohne Musik gefeiert werden. Diese war wegen der Tode der Deutschen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich Wilhelm III. im selben Jahr verboten. In "Bierlaune" muss es jedoch trotzdem zu einem Umzug mit Blasmusik gekommen sein, so dass 12 Schützenbrüder sich vor Gericht zu verantworten hatten und zu einer Geldstrafe von je 15 Mark verurteilt wurden. Nach Einsprüchen aller Beteiligten kam es zu einer erneuten Verhandlung vor dem Königlichen Schöffengericht in Hamm, die mit einem Freispruch für alle endete. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von 38,50 Mark trug damals die Vereinskasse.

Im Jahre 1893 gab es ernsthaftere Probleme im Verein, dieses Mal leider auch mit weitreichenden Konsequenzen für die Zukunft. Genaueres ist leider nicht überliefert. Man erfährt nur, dass es "manche den guten Ansichten und Verhältnissen entgegensprechende Vorkommnisse" gegeben haben musste. Der Verein spaltete sich auf und entsprach so "einem vielseitigen, berechtigten Verlangen" ,und es wurde ein zweiter gegründet, der sich fortan "Bürgerschützenverein zu Rhynern" nannte. Der "alte" Verein nahm den Namen "Handwerkerschützen" an.

 So sollte also in Zukunft in Rhynern für 40 Jahre zweimal im Jahr ein Schützenfest gefeiert werden. Aber Halt, es war aber nicht so, dass  beim neuen Verein ein "Volksfest" stattfand. Denn ihm gehörten hauptsächlich die Honoratioren des Dorfes an, ein exklusiver Club also, von rund 80
Mitgliedern. Das geht aus den Aufnahmestatuten hervor und aus der Tatsache, dass man das Schützenfest mitten in der Woche mittwochs und donnerstags feierte, wenn das "gemeine Volk" zu arbeiten hatte. Es wurde auch sonst stets zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei den Festen um eine geschlossene Veranstaltung handelte. Uniform war eine schwarze Jacke mit weißer Hose und Schützenhut, wie sie unsere Avantgarde heute noch trägt. Diese wurde übrigens im Jahre 1911 gegründet.

Im Jahre 1926 gab es Ärger mit der Behörde, weil aufgefallen war, dass man dem Vogel auf freistehender Stange verbotenerweise mit Stahlmantelgeschossen zu Leibe rückte und einige Vereinsmitglieder beim Schießen immer noch ihre eigenen Büchsen benutzten, wie es lange Zeit üblich gewesen war. So beklagten sich die Anwohner des Reichsbahnhofes Rhynern in Osttünnen über das Einschlagen von Kugeln in ihrer Nähe. Als 1929 sogar ein 19-jähriges Mädchen in Westtünnen in 1800 m Luftlinie vor ihrem Elternhaus während des Vogelschießens der Bürgerschützen von einer Kugel getroffen und  verletzt wurde, zeigte sich, dass die behördlichen Vorschriften wieder nicht befolgt worden waren. Zum Glück war es nur eine leichte Fleischwunde, die vom  ortsansässigen Arzt behandelt werden konnte.

In den folgenden Jahren begann sich der Bürgerschützenverein aufgrund politischer Bestrebungen langsam aufzulösen und ging 1933 endgültig  wieder in den "alten" Verein über.

Erinnerungen an ihn sind aber heute noch sichtbar. So wurde seine Vereinsfahne bis 1972 als Hauptfahne beim Festzug noch mitgeführt, und die heutige Königskette ist ebenfalls die der rhynerschen Bürgerschützen, weil Königsinsignien und Fahne der "Handwerker" bei Haussuchungen der amerikanischen Besatzung als Kriegsbeute mitgenommen worden waren.

In den alten Unterlagen erfährt man auch, wo und wie in früheren Zeiten um die Königswürde gekämpft und gefeiert wurde. Da man bis heute über keinen eigenen Schützenplatz verfügt, stand die Vogelstange an verschiedenen Plätzen: bis 1895 hinter dem Papenloh, bis 1925 im Weingarten, dann wieder für  4 Jahre an alter Stelle hinter dem Loh und bis zum Kriegsbeginn 1939 wieder im Weingarten, wo schon damals aus Sicherheitsgründen ein Kugelfang errichtet worden war.

Die ersten beiden Schießen nach dem Neubeginn 1950 fanden zunächst auf dem Sportplatz im Papenloh statt. Da aber auf eine freie Stange  geschossen wurde, gab es schon nach zwei Jahren wegen der neuen Bebauung keine Genehmigung mehr. So wechselte man zum hoffentlich letzten Mal wieder zum Weingarten an die in jüngster Zeit neubenannte Blaukittelallee. Dort durfte der Adler bis zur endgültigen Auflage eines Kugelfanges im Jahre 1974 noch von einer freistehenden Stange abgeschossen werden. Das war viele Jahre für Besucher und Schützen sicherlich attraktiv, im Jahre 1951 obendrein zudem noch praktisch. Damals erwies sich der Adler als so zäh, dass man sich kurzerhand  entschloss, statt des Vogels einfach oben die Stange durchzuschießen.

Das kürzeste Vogelschießen in der Vereinsgeschichte trug sich 1952 wieder im Weingarten zu. Nach wenigen Schüssen brach der obere Teil der
Stange an einer Schweißnaht ab, und der Vogel fiel fast unbeschädigt herunter. Er konnte im folgenden Jahr nach geringfügiger Reparatur wieder verwendet werden. Der König war in besagtem Jahr Gustav Möller, der sich fast 40 Jahre als Vogelbauer für den Verein verdient gemacht
hat.

Früher war, wie heute üblich, der Schießplatz nicht unbedingt mit dem Festplatz identisch. Er hing mit den jeweiligen Festwirten zusammen,  wobei sich bis zu Kriegsbeginn 1939 die Wirte des Dorfes Hötte, Helm und Dohmwirth jeweils abwechselten. Das bedeutete, dass man nach dem Vogelschießen zu einem anderen Festplatz marschierte, um dort im Saal oder Zelt zu feiern.

Ein Festzelt war auch in früheren Zeiten schon immer sehr beliebt. Aus Balken gezimmert und mit Leinen überspannt nahm es die  Schanktische, früher den bekränzten Thron, den Vorstandstisch und neben dem Tanzboden auch die Tische für die übrigen Festteilnehmer auf. Seit 1897 wurde im Wechsel mit dem Gastwirt Dohmwirth im neuerrichteten Saal des Lindenhofes gefeiert. Dieser konnte nach der Wiedergründung des Vereins im Jahre 1950 auch weiterhin benutzt werden. Als er 1957 wegen der Renovierung der Kath. Kirche als Kirchenraum verwendet wurde, wechselte der Verein zum Feiern in die alte Reithalle am heutigen Dohmwirthhof. Wegen des weichen Bodens wurde zwei Jahre später eigens ein Holzfußboden angeschafft, den die Avantgarde alljährlich für das Fest zu verlegen hatte. Er musste durch eine Beitragserhöhung finanziert  werden und wurde den jeweiligen Festwirten kostenlos zur Verfügung gestellt.

Der Holzboden wurde in der alten Scheune bei Hohoff (an der Unnaer Straße ,wo jetzt die Sparkasse Hamm steht) gelagert, und die Avantgarde  bekam für Transport und Verlegung einen Kasten Bier.

Bis 1968 war diese alte Reithalle, zeitweilig durch ein kleines Zelt vergrößert, der Raum für unvergessene Schützenfeste. Erinnerungen  beispielsweise an den Kapellmeister und Trompeter Paul Bäer + werden wach, an seine "Post im Walde", gespielt von der Empore in der Halle beim sonntäglichen Frühkonzert, an Pferdegeruch und Staub in allen Kleidern, oder an Venemas Fischstand am Eingang, an die Sektbar und den Bowletopf auf dem Hofstaatstisch. Einige Male trat hier auch die berühmte "Schweinekiste" in Aktion. Sie wurde damals ganz "praktisch" am Eingang zur Reithalle gelagert und animierte förmlich  dazu, statt des Borstenviehs zu bierselige Schützenbrüder abzutransportieren.

Seit dem 125-jährigen Jubelfest 1962 wird in Rhynern, wie bereits erwähnt, von Donnerstag bis Sonntag gefeiert. Das war davor nicht üblich gewesen. Man beschränkte sich damals auf lediglich zwei Festtage, die am Samstagmorgen in der Früh um 6 Uhr mit dem Wecken durch den Spielmannszug begannen. Um 7 Uhr wurde angetreten. Nach dem Abholen der Majestäten und der Totenehrung wurde um die Königswürde geschossen. Das konnte mitunter bis zum Nachmittag dauern. Nach der Königsproklamation ging es im Festzug, falls man diesen aus verschiedenen Gründen noch als solchen bezeichnen konnte, mit klingendem Spiel ins Dorf zurück. Während die besonders Standfesten intern  weiter feierten, musste sich mancher wackere Schütze erst einmal von den Strapazen ruhenderweise erholen. Manch einer verpasste so - manchmal auch zur Freude der gestrengen Ehefrau - den abendlichen Festball.

Die Adjutanten hatten sich zu dieser Zeit noch zu Pferde auf den Weg zu machen, um die vom neuen König ausgesuchten Hofstaatsmitglieder  einzuladen. Das bedeutete stets für diese Herren und für die betreffenden Damen des neuen Hofstaats einen besonderen Stress. Wo bekomme ich Samstag nachmittags noch ein langes Kleid her? Stimmt die Frisur? Oder wie kriege ich meinen Mann wieder fit?

Abends war dann der Festball mit dem Einzug des neuen Königs mit seinem Hofstaat, der wie heute am eigens hergerichteten Tischen residierte". Das Fußvolk nahm an den übrigen Tischen in der Festhalle Platz und begab sich zum Tanzen zu den Klängen der Blaskapelle auf die Tanzfläche. Das Stehen an der Theke war längst nicht so üblich wie heute. Besonderer Beliebtheit erfreute sich die Sektbar. Für die Avantgarde war früher wie heute ein spezieller Raum als sogenannte "Laube" abgeteilt, wohin finanzstarke Persönlichkeiten mit klingendem Spiel zu einem Glas Bier "eingeladen" werden konnten, um sich am Schluss in die dort ausliegende "Anwesenheitsliste" einzutragen.

Die Länge des Abends war sicherlich individuell verschieden. Sie richtete sich u. a. nach der Standfestigkeit der Schützen, (man bedenke, das
Antreten war bereits um 7 Uhr), nach dem Geldbeutel und oft auch nach der "holden" Begleitung.

Der Ablauf des Sonntags hat sich eigentlich in all den Jahren kaum verändert. Beginnend mit dem Frühkonzert der Blaskapelle folgt, erstmalig beim Jubiläum 1962, ein Konzert aller Musikzüge am Altenheim St. Regina, bei dem sich heutzutage König und Hofstaat in vollem Ornat präsentieren können. Festzug, Königsparade und Festball bilden den offiziellen Abschluss eines jeden Festes.

Durch das Verlegen des Vogelschießens auf den späten Freitagnachmittag hat sich das Fest in Rhynern zum Glück etwas entzerrt. Auch der "gefürchtete" Abmarsch von der Vogelstange zur Festhalle findet nicht mehr statt, seit man begann, das Vogelschießen am Freitagabend in einem kleinen Zelt auf der Schützenwiese ausklingen zu lassen. Im Jahre 1968 kam das endgültige Aus für die Reithalle, die zum Feiern ja nur bedingt geeignet war. Der Wirt Fritz Helm aus Westtünnen übernahm das Fest und errichtete ein Festzelt auf dem damaligen Turnierplatz des Reitervereins Rhynern im Streitland. Von hier aus war es dann nur ein Katzensprung zum Festplatz im Weingarten, den der Verein vom Besitzer Schulze-Velmede seit Jahrzehnten gepachtet hat, und wo nun schon seit dreißig Jahren alljährlich das gesamte Schützenfest stattfindet.

Um den Platz so herzurichten, dass man sich halbwegs trockenen Fußes dort aufhalten konnte, waren zu Beginn und im Laufe der Jahre umfangreiche Maßnahmen erforderlich, die aus Kostengründen hauptsächlich vom Vereinsvorstand und von engagierten Schützenbrüdern in eigener Regie durchgeführt wurden. Da es sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine Schützen"wiese" handelte, wurde damals so manches Vogelschießen zu einer reinen Schlammschlacht. Daran konnte auch der eigens für das gute Festwetter zuständige "Wettermacher" Schützenbruder Bernhard Bücker nichts ändern.

Für das Jahre 1961 schreibt der Chronist, dass das Fest wegen des anhaltenden schlechten Wetters unter einem unglücklichen Stern stand. Zugang und Wiese waren völlig aufgeweicht. Ein Zugführer der Blaukittler wollte es nicht glauben, blieb aber schon nach 20 Metern mit seinem Moped im Schlamm stecken. Gezwungenermaßen musste das Vogelschießen kurzfristig zum Schießstand der Sportschützen an die Reithalle verlegt werden. Damit überhaupt geschossen werden konnte, erstellte der Vogelbauer Möller mit seinen Gesellen in einer Nachtschicht einen für diese Anlage geeigneten Adler in Miniform.

Das kann zum Glück heute nicht mehr passieren. Die Zufahrt zum Platz wurde in Eigenhilfe in einer bemerkenswerten Aktion von Schützenbrüdern und der benachbarten Firma Berger an zwei Wochenenden komplett neu gepflastert und erhielt in Anerkennung dafür - wenn auch erst nach kurzem politischen Parteigeplänkel - seitens der Bezirksvertretung Hamm-Rhynern den Namen "Blaukittelallee". Der Platz ist gut befestigt und dauerhaft eingefriedet, ein Kugelfang, hergestellt von der Familie unseres ehemaligen Kaisers Theo Velmerig, entspricht den neusten Anforderungen, und die gute Nachbarschaft mit dem Tennisclub "Blau-Weiß" Rhynern und der Firma Berger ermöglicht einen  reibungslosen Ablauf unserer Schützenfeste.

Die schöne Atmosphäre durch die wunderbare Lage des Platzes inmitten von altem Baumbestand, das große Festzelt, ansprechende Musik, eine hervorragende Beteiligung aller Schützenbrüder und ein toller Zulauf von Besuchern kennzeichnen das alljährliche Fest des Jahres unseres  traditionsreichen Schützenvereins Rhynern 1837 e.V., der so hoffentlich beruhigt in die Zukunft schauen kann.

Horrido! 

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